Harry Potter Winkelgasse Book Nook


Für die Bezeichnung „Book Nook“ gibt es soweit ich weiß ich keine deutsche Übersetzung. Nook selbst heißt in etwa so viel wie „Schlupfwinkel“, was einerseits selbst irgendwie recht niedlich ist und andererseits gerade auf die Winkelgasse natürlich super passt. Es gibt diese Nooks in den unterschiedlichsten Formen, aber letztendlich alle sollen dasselbe darstellen: Ein kleines Stückchen Geschichte zwischen den Büchern. Die Version, die hier zu sehen ist, habe ich mir nicht selbst ausgedacht. Ich hatte sie auf einem Youtubekanal namens Nerdforge (Ehre wem Ehre gebührt) gesehen und fand sofort, dass das das perfekte Weihnachtsgeschenk für meine Frau war. Es war und ist bis dato mein bisher größtes und umfangreichstes Vorhaben, mit vielen kleinen Schritte, wobei ich die meisten davon bei anderen Projekten schonmal gemacht habe…

Begonnen wurde mit Styrodur für das Mauerwerk. Bei dem Material handelt es sich um einen Hartschaum, der normalerweise zur Wärmedämmung benutzt wird und dessen größter Pluspunkt die exzellente Formbarkeit ist. Es ist supereinfach, mithilfe eines Heißdrahtschneiders kleinere, teils millimeterdünne Schichten herauszutrennen, weshalb es wohl auch in der Architekturplanung gern verwendet wird. Ich brauchte es für das Mauerwerk etwas grober. Während zwei der Blöcke sozusagen grade Fassaden waren, wurde der dritte Block angeschrägt. Ein Book Nook soll eine Illusion von Tiefe erzeugen, als würde die Straße hinten weiterführen.

Auf den herausgeschnittenen Blöcken habe ich im nächsten Schritt mit einem Lineal und Modellierwerkzeug in gleichmäßigem Abstand Querlinien eingezogen. Da die Gebäude aus dem London des 19. oder 20. Jahrhunderts stammen, kann da ruhig relativ gleichmäßig gearbeitet werden. Den Querlinien folgten dann versetzte Längslinien, um letztendlich das fertige Mauerwerk zu erhalten. Beim Boden habe ich versucht, eine Art unregelmäßiges Kopfsteinpflaster zu imitieren. In dem Fall nicht über die Farbe wundern, der Boden hätte genauso gut weiß sein können, ich habe einfach nur verwendet, was gerade zur Hand war.

Als nächstes ging es an das Bauen der Geschäftsfronten. Zwei davon, Flourish and Blotts sowie Quality Quidditch Supplies, hatte ich mir aus MDF lasern lassen. Ich schnitt zusätzlich Balsaholz und Schablonen zurecht, um die Eingänge und Schaufenster plastisch wirken zu lassen. Im gleichen Schritt baute ich auch Türen, Treppen und Fenster, ebenfalls aus Balsaholz und einfachem Verpackungsplastik. Das Basteln und Schneiden war kein Problem, beim Verleimen wurde es jedoch unangenehm. Zwar konnte ich bei den Gebäuden einfachen Sekundenkleber verwenden, aber wer auch immer schon einmal damit mehrere Dinge hintereinander verleimt hat, weiß, dass man früher oder später eine Schicht von dem Zeug auf der Hand oder den Fingern hat, auch wenn es einem vorher gelungen ist, letzter nicht zusammenzukleben. Kein Spaß, aber zum Glück nur ein kleiner Schritt.

Deutlich schwieriger war es tatsächlich Ollivanders zu bauen. Der hat „in Wirklichkeit“ zwei Rundtürme. Jetzt könnte man versuchen, diese zu lasern und anschließend zu brechen, allerdings dachte ich mir, dass es wohl schneller geht, einfach eine Art Gerüst aus Styrodur und Balsaholz zu bauen. Die einzelnen Bestandteile, inklusive des Spitzen Daches waren tatsächlich auch recht schnell hergestellt, problematisch wurde das Zusammenfügen. Sekundenkleber und Hartschaum vertragen sich nicht. Er ätzt sich in das Material und hinterlässt eine unschöne Oberfläche, weshalb ich einen speziellen Kleber nehmen musste, der üblicherweise für Styropor verwendet wird. Der Prozess selbst war nicht schwer, nur unheimlich zeitaufwendig, weil besagter Kleber eben nicht in Sekunden und wie sich herausstellt, auch nicht in Viertelstunden trocknet. Irgendwann war aber auch das geschafft, wobei es, gerade im Vergleich mit den anderen Gebäuden, schon etwas schief und verklebt aussieht (: Egal, wird die Farbschicht eben etwas dicker, wie früher, wenn etwas partout nicht decken wollte.

Für einen Späteren Arbeitsschritt wurden anschließend Teile des Mauerwerks herausgeschnitten, so dass die Ladenfronten ein- bzw. aufgesetzt werden konnten. Dafür hatte ich sie vorher auf die Außenwände aus HDF aufgeklebt. Neben den Ausschnitten für die Fronten musste auch jetzt schon an Kabelkanäle für die Fenster gedacht werden. Einmal eher oberflächlich (und später hoffentlich trotzdem unsichtbar), einmal, bei der Schräge, unterhalb der Mauer, was einfacher war, als es vielleicht aussieht. Styrodur ist wirklich großartig.

Nach dem vielen Schneiden und Modellieren kam das Anmalen. Dafür wurden die Mauern auf HDF Platten aufgeklebt und anschließend mit unterschiedlichen Grautönen bemalt. Die Grundschicht bildete dabei mein dunkelstes Grau, gemischt mit etwas Holzleim zur Versiegelung. Über die Grundschichten wurden dann mehrfach andere Grautöne mittels der Trockenbürsten Technik aufgetragen. Das bedeutet, dass man zuerst auf einen recht starren Borstenpinsel etwas Farbe aufträgt, diese jedoch danach fast vollständig wieder auf einem Küchentuch abstreift. Mit dem letzten bisschen übriger Farbe wird dann über die Steine gebürstet. Dadurch wird immer nur ein wenig Farbe an das Mauerwerk abgegeben und auch nur an die erhöhten Stellen, was die Plastizität verstärkt. Einzelne Steine wurden außerdem mit besonderen Grautönen hervorgehoben, einfach um eine übertriebene Gleichmäßigkeit zu vermeiden. Zum Schluss kommt noch ein schwarzer Wash über die Mauern, was im Wesentlichen stark verdünnte Farbe ist. Bestenfalls läuft diese in die Vertiefungen und unterstreicht noch einmal abschließend Konturen und Tiefen. Das hätte hier ruhig noch etwas dunkler sein können, ich finde die Steine insgesamt leider etwas zu hell.

Bei Quidditch und Blotts habe ich mich an traditionellen britischen Pubs orientiert, soll heißen Rot- und Grüntöne. Ollivanders hingegen sollte eigentlich ein sehr dunkles blau-schwarz werden, Betonung liegt hier auf eigentlich… Macht aber nichts, weil nach der Grundschicht noch die Verwitterung kommt. Die lässt Gebäude in erster Linie alt aussehen. Gleichzeitig verleiht sie dem Zauberstabladen aber auch den gewünschten Hauch blau-grau, zumindest an den äußersten Kanten, wo auch in der Realität die Farbe abplatzen würde. Verwitterung wird ebenfalls wieder über das Trockenbürsten erzielt. Zuletzt habe ich in den unteren Teil der Geschäfte noch Farbpigmente aufgetragen, einfach um die Verwitterung nochmal zu betonen und die Nähe der Bereiche zur Straße zu verdeutlichen. Olllivanders scheint sein Türmchen gut zu pflegen (;

Ursprünglich wollte ich unterschiedliche und programmierbare RGB LEDs hinter den Fenstern befestigen. Bei Ollivanders sollte es mal rot, mal blau leuchten, je nachdem was grade darin ausprobiert wurde. In den anderen Läden sollten gerade in den oberen Fenstern die Lichter an- und ausgehen, um zu zeigen, dass auch tatsächlich jemand in diesen Gebäuden wohnt. Jetzt hatte ich zwar früher in meiner Arbeit während der Semesterferien etwas Erfahrung im Löten gesammelt, aber mein Gott hat mir das in dem Moment nix gebracht. Nachdem ich nach gefühlt 45 Minuten zwei mies zusammengelötete LEDs hatte, habe ich den Plan dann doch recht schnell verworfen…

Neue Idee: Einfache Lichterkette nehmen und einflechten. Ich hatte eine, die kein einzelnes Kabel war, sondern stattdessen sich von einem gemeinsamen Punkt aus in viele einzelne aufteilte, die jeweils gekürzt werden konnten – perfekt für den Zweck. Bevor ich sie auf den Platten und hinter den Fassaden befestigen konnte, habe ich die Flächen noch schwarz angemalt, einfach um etwas mehr Kontrolle über das Licht zu haben. Sollte ja nicht zu hell werden in der Winkelgasse.

So langsam war das Ende absehbar. Eigentlich ging es nur noch um Kabelführung, die letzten Details und darum, das alles zusammenzuführen. Für die Läden und Fenster hatte ich mir verschiedene Innenleben ausgedruckt. Helle, schön biedere Vorhänge für die Fenster und Szenen aus beispielsweise einem Bücherladen und einem Sportgeschäft. Das Einsetzen war kein Problem, aber nachdem ich die Fassaden auch auf den Wänden festgeklebt habe, konnte man an einigen Stellen etwas Licht von den LEDs durchscheinen sehen. Die wurden mit einer Art Spachtelmasse überdeckt und nochmal übermalt, damit der Gesamteindruck erhalten bleibt.

Vor dem Aufstellen der Wände mussten noch die Ladenschilder befestigt werden. Die Aushänger sind aus MDF, die Einfassungen der Schilder aus Balsaholz, verbunden wurde beides mit Stücken einer normalen Kette (und einer Menge Sekundenkleber – schon wieder). Für Quality Quidditch Supplies nahm ich kein Schild, sondern modellierte einen Besen, härtete ihn aus, bemalte ihn und hängte ihn an Kettenstücken über den Laden. Als letztes schnell noch die Batteriebox der Lichterkette per Klettband auf der Rückseite befestigt und boujah! Fertig! Die Läden und Details konnten zusammengefügt und aufgestellt werden.

Bin super zufrieden, gerade weil es so viele einzelne Schritte waren die am Schluss doch zu einem zusammengekommen sind. Klar gibt’s hier und da Details, an denen man noch schrauben könnte, aber mei, es sieht toll aus, Licht an oder Licht aus. (: alles gut